Als die Gerichtsvollzieherin Orsolya einen Obdachlosen aus seinem Unterschlupf vertreiben soll, nimmt dieser sich das Leben. Aus der Bahn geworfen, versucht Orsolya, mit ihren Schuldgefühlen zurechtzukommen. Radu Judes neuer Film, der den Silbernen Bären für das beste Drehbuch gewann, zeigt die Widersprüche und Heucheleien des heutigen Europas.
Die Juristin Orsolya arbeitet als Gerichtsvollzieherin in Cluj, der zweitgrössten Stadt Rumäniens. Eines Tages muss sie ein Gebäude zwangsräumen, in dessen Keller ein Obdachloser haust. Orsolya gibt dem Mann eine kurze Frist, um seine Habseligkeiten zu packen. Als sie zurückkehrt, hat er sich erhängt. Für Orsolya, die sich direkt für den Tod des Obdachlosen verantwortlich fühlt, ist dies ein immenser Schock. Von Schuldgefühlen geplagt, nimmt sie sich eine Auszeit von ihrer Arbeit und sagt eine geplante Ferienreise mit ihrer Familie ab. In intensiven Gesprächen mit ihrer Mutter, einer Freundin, einem orthodoxen Priester und einem jungen Mann, den sie früher an der Universität unterrichtet hat, versucht sie, ihr Gewissen zu beruhigen. Nach der wilden Collage «Don’t Expect Too Much of the End of the World» hat Radu Jude in seinem neuen Film, einer Mischung aus Drama und Komödie, eine – vergleichsweise konventionelle – Hommage an Roberto Rossellinis «Europa ’51» geschaffen. Mit grimmigem Humor, Fabulierlust und Wut attackiert Jude einen entfesselten Kapitalismus, der sich hier noch brutaler manifestiert als in seinem Vorgängerfilm. Mit dem iPhone gedreht, thematisiert «Kontinental ’25» die Widersprüche und Heucheleien Europas und wurde auf der Berlinale mit dem Silbernen Bären für das beste Drehbuch ausgezeichnet.
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