40 Jahre Kinok: Exil Shanghai

Viele Jüd:innen flohen aus Nazideutschland in eine der schillerndsten Städte des Fernen Ostens: Shanghai. Ulrike Ottinger lässt sechs Emigrant:innen zu Wort kommen, die von Ghettoisierung und Armut, aber auch von Wiener Bäckereien und Berliner Wurstküchen erzählen. Fasziniert streift die Regisseurin durch die Stadt und sucht nach Spuren einstigen jüdischen Lebens.

Ulrike Ottinger beschäftigt sich in ihrem viereinhalbstündigen Dokumentarfilm mit dem Schicksal jüdischer Emigrant:innen, die vor dem nationalsozialistischen Terror nach Shanghai flohen. Die Stadt galt als das «Exil der kleinen Leute», die über keine finanziellen Mittel oder Auslandkontakte verfügten, und war einer der letzten Zufluchtsorte, die man ohne Visum erreichen konnte. Sechs Zeitzeug:innen deutscher, österreichischer und russischer Herkunft lassen das pulsierende Leben des damaligen Shanghai wiederauferstehen. Sie erzählen von Ghettoisierung, Kämpfen um Arbeit und das tägliche Überleben, aber auch von Wiener Bäckereien und Berliner Wurstküchen sowie dem Luxus der mondänen Oberschicht. Die Regisseurin montiert die Erinnerungen der Interviewten mit Archivmaterial und Bildern aus dem Shanghai der 1990er-Jahre, das sie mit der Kamera erkundet. Der Film beschwört Impressionen des «jüdischen Shanghai» herauf und entfaltet einen faszinierenden Sog, dem man sich kaum entziehen kann. Frauen hinter der Kamera war dem barocken Werk der Konstanzer Regisseurin immer verbunden. «Exil Shanghai» wurde im Oktober 1998 in einer denkwürdigen Vorführung gezeigt. Der Pionierfilm erzählt ein besonderes Kapitel der Exilgeschichte, das Ottinger als eine der Ersten aufgearbeitet hat, und erlaubt dem Publikum, für einige Stunden durch eine faszinierende Metropole zu flanieren.

 

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So 23 11 25 / 10:30
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