Familienlos

Der Kambodschaner Vichea Thun Chay, der auf der Flucht vor den Roten Khmer von seiner Mutter in einem Flüchtlingslager zurückgelassen wurde, kam mit 17 Jahren ins Pestalozzidorf in Trogen. Jahre später reist er in seine Heimat, um seine Vergangenheit und die zerrüttete Beziehung zu seiner Mutter aufzuarbeiten.

Der Kambodschaner Vichea Thun Chay wurde auf der Flucht vor den Roten Khmer von seiner Mutter in einem Flüchtlingslager zurückgelassen. Mit 17 Jahren kam er in die Schweiz und fand im Pestalozzidorf Trogen ein neues Zuhause. Heute übt er erfolgreich einen anspruchsvollen Beruf aus und hat mit seiner ebenfalls aus Kambodscha stammenden Frau, die seit 1981 in der Schweiz lebt, eine Familie gegründet. Mit der Geburt ihres Sohnes bekommt die Frage nach seiner Herkunft für Thun Chay eine neue Dringlichkeit. Mit seinen Trogener Pflegeeltern verbindet er glückliche Tage, während die Erinnerungen an seine Kindheit und Jugend in Kambodscha schmerzlich sind. Dreissig Jahre nach seiner Ankunft in der Schweiz will er seine Vergangenheit aufarbeiten. Zusammen mit seiner leiblichen Mutter, die mittlerweile als Synchronsprecherin für eine TV-Station arbeitet, bereist er sein Heimatland. Hier wird er erstmals mit ihrer Geschichte konfrontiert, die von Gewalt, Vertreibung, Flucht und Inhaftierung geprägt ist. Die Autorin, Regisseurin und Produzentin Angela Spörri hat Thun Chay mehrere Jahre lang mit einem kleinen Filmteam in der Schweiz und in Kambodscha begleitet. Einfühlsam und mit grosser Nähe zu ihrem Protagonisten dokumentiert sie einen schmerzhaften familiären und politischen Aufarbeitungsprozess und beleuchtet die Themen Migration und Integration von innen heraus. Die Erfahrungen von Thun Chay und seiner Familie ermöglichen einen erhellenden Einblick in Kambodschas jüngere Geschichte. Diese ist ab 1970 durch den Vietnam-Krieg, ab 1975 durch das mörderische Regime der Roten Khmer – eine der blutigsten und verlustreichsten Diktaturen weltweit – und anschliessend durch einen fast zwanzig Jahre dauernden Bürgerkrieg geprägt. Durch die unterschiedlichen Perspektiven der Familienmitglieder macht der intime Dokumentarfilm die Zusammenhänge zwischen individuellem Schicksal und kollektiver Geschichte eindrucksvoll erfahrbar.

 

Die Premiere am 7. Mai findet in Anwesenheit der Regisseurin, Autorin und Produzentin Angela Spörri und von Oliver Schneider, Verein «Education for Cambodia», statt. Das Gespräch führt Vanessa Wyser, Verein «New Swiss Khmer Generation».